Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Kolleginnen und Kollegen,
zunächst möchte ich mich bei unserer Kämmerin Däsch-Schmachtel für die geleistete Arbeit bedanken. Wir haben im Finanzausschuss professionell zusammengearbeitet und alle Sachfragen im Rahmen von zwei Ausschusssitzungen erörtert.
Bei der Verwaltung bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion. Für die Fülle der Arbeiten, die im vergangenen Jahr angegangen respektive abgearbeitet wurden.
Bei einem Projekt sind wir leider nicht so voran gekommen, wie wir uns das wahrscheinlich alle gewünscht haben: Die Realisierung des Feuerwehrhauses geht nicht voran, weil sich insbesondere ein Eigentümer weigert, sein Grundstück an dem definierten Standort an die Gemeinde zu verkaufen, obwohl er – wie alle anderen Eigentümer auch – ein sehr gutes Angebot von der Gemeinde erhalten hat. Erfreulicher Weise hat der Gesetzgeber für exakt diesen Fall die Möglichkeit geschaffen, dass die Gemeinde diesen Eigentümer zwingen kann, sein Grundstück zu dem angebotenen, sehr attraktiven Preis zu verkaufen. Wir freuen uns, wenn die Feuerwehr ihren neuen Standort endlich beziehen kann, zumal der alte Standort für die Ortsentwicklung von Glattbach wichtig ist.
Der Verabschiedung des aktuellen Haushalts kann unsere Fraktion vorbehaltlos zustimmen, weil die Leistungsfähigkeit der Gemeinde für das kommende Haushaltsjahr sichergestellt ist.
Erlauben Sie mir in der Mitte der Wahlperiode dennoch einige Hinweise die Zukunft betreffend: Im heutigen Vorbericht zum Haushalt wird dargestellt, dass die Schulden am 31.12.2026 voraussichtlich EUR 11 Mio. betragen werden. Die Rücklagen betragen aktuell rund EUR 3,4 Mio. Am 31.12.2023 werden die Rücklagen noch rund EUR 2 Mio. betragen. In den Jahren 2023 bis 2026 sollen weitere EUR 1,8 Mio. entnommen werden. Die gesetzliche Mindestrücklage von EUR 118.604 wird im Jahr 2026 noch erreicht. Sie ist für Glattbach jedoch nicht ausreichend, da für das E- und W-Werk der Gemeinde Betriebsmittel in Höhe von EUR 300.000 bis 400.000 notwendig sind.
Die freien Mittel werden nach der Finanzplanung im Jahr 2026 nur noch EUR 327.000 betragen. Die Gemeinde benötigt jedoch bei den vorgenannten Schulden von EUR 11 Mio. allein für Darlehen bei einer Laufzeit von 20 Jahren jährliche Tilgungen von EUR 550.000. Für die Zinszahlungen werden jährlich EUR 350.000 im ersten Jahr wahrscheinlich nicht ausreichen, da steigende Zinsen zu erwarten sind. Ein Finanzierungsproblem ist also offensichtlich.
Damit wird voraussichtlich eine Situation eintreten, vor der unsere Fraktion bereits vor der Wahl gewarnt hat: Unsere Gemeinde muss unzweifelhaft ihre Infrastruktur sanieren. In den letzten drei Jahren ist dieses Thema von der Verwaltung beherzt angegangen worden. Im letzten Jahr wurde u.a. der erste Bauabschnitt der Sanierung der Kanalisation in der Hauptstraße erfolgreich abgeschlossen. Die Erweiterung und die Anpassung des gemeindlichen Kindergartens an das neue Konzept sowie die sowie die notwendige Modernisierung wird aktuell umgesetzt. All das kostet naturgemäß viel Geld.
Wir wissen heute bereits, dass unsere Infrastruktur im Jahr 2026 nicht in vollem Umfang in Ordnung gebracht sein wird. Glattbach wird beispielsweise weiterhin investieren müssen in die Sanierung und Gestaltung des Johann-Desch-Platzes, die Sanierung der Hauptstraße einschließlich Kanal und Wasserleitungen von der Ortsmitte bis zur Jahnstraße, um nur die zwei größten Investitionsprojekte für die Jahre ab 2026/27 zu erwähnen. Bereits vor mehreren Jahren wurde auch die Erneuerung der Straße Enzlinger Berg für notwendig erachtet. Es ist absehbar, dass weitere Kanalsanierungen notwendig sein werden, sobald der Kanalzustandsbericht vorliegt, den unsere Fraktion bereits mehrfach angefordert hat.
Zusätzlich werden wir Geld für die Modernisierung unserer Gemeinde insgesamt (Stichwort ISEK) und für den Zuschuss bei der Modernisierung des kirchlichen Kindergartens benötigen. Bekannt ist auch, dass die Thematik Alte Kirche mit Gewissheit auf die Gemeinde zukommen wird. Die Diözese Würzburg hat öffentlich erklärt, dass sie kein Geld für diese Kirche investieren will.
Auch das Thema Mehrfach-Sporthalle möchte ich an dieser Stelle ansprechen: Bekannter Weise kann sich der TVG vorstellen, eine neue Sporthalle zu bauen. Wir begrüßen die Initiative des TVG. Wir hoffen, dass die Gemeinde die für ein gemeinsames Nutzungskonzept notwendigen jährlichen Betriebsmittel aufbringen kann. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Finanzplanung sind Zweifel sicherlich angebracht.
Aus heutiger Sicht kann folgendes festgehalten werden. Für die vorgenannten Projekte wird mit großer Wahrscheinlichkeit kein finanzieller Spielraum vorhanden sein. Die Verwaltung wird sich entscheiden müssen, ob sie die Realisierung der vorgenannten Projekte weit nach hinten schieben will. Dabei muss sie sich bewusst sein, dass allein für die Aufrechterhaltung unserer Infrastruktur erhebliche finanzielle Mittel aufgewendet werden müssen.
Alternativ könnte aktiv daran gearbeitet werden, dass weitere einkommensstarke Bürgerinnen / Bürger nach Glattbach ziehen, damit sich unsere Steuereinnahmen erhöhen. Unsere Fraktion hat dazu einen geeigneten Vorschlag unterbreitet. Wir gehen davon aus, dass er von der Verwaltung zeitnah auf die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates gesetzt wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Es gilt das gesprochene Wort.
Carsten Schumacher 14.3.2023
Am Dienstag, 31. Januar war die erste (öffentliche) Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, in der geplant wurde, was die Gemeinde Glattbach im Jahr 2023 einnehmen und ausgeben wird. Und, was in Glattbach gemacht oder nicht gemacht wird, weil jede Maßnahme ja auch finanziert werden muss. Dieser Ausschuss bestimmt die Zukunft Glattbachs. Was in den monatlichen GRS besprochen wird, ist vergleichsweise Kleinkram. Es ist nicht einfach, die gesammelten Vorschläge der Verwaltung zu verstehen, die aus 300 eng bedruckten Seiten voller Zahlen bestehen. Nachdem ich schon zweimal als GR mitdiskutiert habe, verstehe ich langsam, was da womit verknüpft ist.
Da fällt mir ein alter Witz ein: Ein Stammgast kommt ins Lokal und bittet den Ober zu sich: "Können Sie mir etwas empfehlen, was ich noch nie hatte?" Die Antwort: "Versuchen Sie doch mal Hirn!"
Nö, der ist zu böse. Ab jetzt wieder ganz ernsthaft. Versprochen.
Seite 19: Die voraussichtlichen Einnahmen (Steuern, Zuschüsse,..) werden gegenüber den Vorjahren um +4,06 % auf 16.207.235 € steigen. Die notwendigen Ausgaben werden im Jahr 2023 um +22,21 % auf 19.034.642 € steigen. Um das Loch von 2,8 Mio € zu stopfen, muss ein Kredit aufgenommen und das Sparbuch geplündert werden. Das Sparbuch der Gemeinde enthält nur deshalb 3,4 Mio €, weil in den vergangenen Jahren zwar manches geplant, aber nichts erledigt wurde. Aber die Erneuerung der maroden Infrastruktur wie Kanal und Kindergarten durften nicht noch länger verzögert werden - das Landratsamt hat Druck gemacht. Feuerwehrhaus und Schule müssen warten, um ein paar Themen für den nächsten Wahlkampf zu reservieren. Ach ja, seit 30 Jahren wird eine Dreifachturnhalle versprochen... Und ein Hallenbad wäre auch sehr schön...
Seite 26: Die Personalausgaben innerhalb der Gemeinde sind beachtlich: Von 1.809.930, € im Jahr 2021 auf 1.965.190 € im Jahr 2022. Später werden sie - nach Schätzung der Verwaltung - um 2.080.990 € jährlich steigen - das sind 7,2% pro Jahr. Eine seriöse Rechnung würde noch die Inflationsrate von 10% addieren :-)
Einen großen Anteil der Lohnsumme bekommt der 1. Bürgermeister (Baier). Sein Jahresgehalt steigt von 95.945 € im Jahr 2021 auf 101.000 € in diesem Jahr. Dazu kommen die Zahlungen an die Versorgungskasse in Höhe von 36.000 €. Mit 77.700 € pro Jahr belastet der ehemalige Bürgermeister Fuchs immer noch unsere Gemeindekasse, obwohl er aus der Gehaltsliste der Gemeinde gestrichen wurde.
Seite 61: Die Verkehrsüberwachung (Blitzer) wird in diesem Jahr 23.600 € kosten. Die fälligen Strafen füllen die Gemeindekasse aber nur mit etwa 22.000 €. Verkehrserziehung kostet Geld...
Seite 65: Die laufenden Kosten der Feuerwehr schwanken um 85.000 € pro Jahr. Allein die Heizkosten des FW-Hauses werden zukünftig wohl von 12.000 € auf 24.000 € pro Jahr steigen. Die Ursache ist klar: Beim Bau waren die GR besonders schlau und haben sich für eine elektrische Heizung entschieden - wegen der geringen Anschaffungskosten. Und dabei nicht bedacht, dass die Folgekosten besonders hoch sind. Inzwischen ist der Strom so teuer geworden, dass sogar die Beleuchtung der Kirche abgeschaltet werden muss. Es wird noch einige Jahre dauern, bis das neue FW-Haus gebaut ist. Bis dahin fördern wir die Klimaerwärmung, indem wird hirnlos teuren Strom verheizen. Ich habe den Bürgermeister wegen dieser viel zu hohen Stromkosten angesprochen. Die sind ihm ziemlich egal - es ist jetzt halt so, wie es ist. Da will er nix machen.
Es ist offensichtlich ein generelles Problem (nicht nur in Glattbach!), dass sich niemand in der Verwaltung Gedanken macht, ob irgend ein Posten zu teuer ist und wie man das ändern könnte. Kurz: Es fehlt an Aufmerksamkeit und der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten. Ein weiteres Beispiel ist das Krippenmuseum (Seiten 78/79): Das Kassieren der Eintrittsgebühren verursacht deutlich höhere Kosten als die Summe der Eintrittsgebühren. Bei freiem Eintritt würden wir Geld sparen. Dazu kommen Kosten für die elektrische Heizung, die von (früher mal) 5000 € auf 15000 € pro Jahr steigen werden. Obwohl das Museum wegen Corona jahrelang geschlossen war, verursachte es trotzdem volle Kosten. Typisch für Behörden: Alle Kosten laufen weiter, auch wenn nichts zu tun ist. Als ich den Bürgermeister nach den Gründen fragte, meinte er nur: "Dann müssen wir uns darüber unterhalten, ob wir das Museum nur zwei Wochen lang öffnen." Damit war dieser Punkt für Baier erledigt. Dieser Bürgermeister hat nicht das geringste Interesse, über mögliche Einsparungen nachzudenken. Weiter unten folgen weitere Beispiele.
Ab Seite 80: Beim Betrieb der Gewölbegalerie unter dem Rathaus sind die Kosten von 5000 € zehnmal höher als die Einnahmen. Deshalb schließen? Niemals! Gleiches gilt für das "alte Feuerwehrhaus" neben der Sparkasse. Egal, ob jemals geöffnet oder nicht, es wird für 2000 € pro Jahr elektrisch beheizt, damit die Mäuse warme Nester haben. Dorffest, Maibaum und Adventsmarkt verursachen insgesamt Kosten um 70.000 €. Zählt man auf Seite 91 alle Einzelposten zusammen, kostet die Kulturpflege in Glattbach etwa 150.000 €. Zum Trost: Der Betrieb der Stadthalle ist wesentlich teurer.
Ab Seite 91 kommt ein Vorschlag, der einige GR überrascht: Vor wenigen Monaten haben wir den Posten "Jugendpfleger /Jugendpflegerin" neu besetzt. Damals wurde kein fester Geldbetrag erwähnt. Nun will der Bürgermeister offenbar einen zusätzlichen "Jugendpfleger /Jugendpflegerin" einstellen, was jährliche Kosten von 16.350 € erzeugt. Wie gehören die beiden zusammen? Welche Aufgaben sind vorgesehen? Wollen und brauchen die Jugendlichen so eine Doppelspitze? Die Eine erledigt den Job für ein herzliches Dankeschön, der/die/das Neue bekommt ein festes Gehalt, das sorgt für gegenseitiges Verständnis. Welche Erfahrungen haben andere Gemeinden gemacht? Nicht nur Carsten Schumacher fragte sich, ob Glattbach im Geld schwimmt und immer mehr Arbeitnehmer ohne definierte Aufgaben beschäftigen kann.
Seite 115: Der ehemalige Schulsportplatz am Weihergrund ist seit Jahren überflüssig, gelegentlich sieht man jemanden dort spielen. Damit er nicht verwildert, muss er für etwa 26.000 € pro Jahr gepflegt werden. Ok, einverstanden. Nur einen Punkt verstehe ich nicht: In dem Häuschen dort lagern vielleicht ein paar Fußbälle - aber nachts ist dort alles dicht. Trotzdem verbraucht dort jemand eine Menge Strom - viel mehr als ich, obwohl ich mein Haus rund um die Uhr bewohne. Bis neulich betrugen die Stromkosten dort 2000 € pro Jahr, nun geht Baier von einer Verdopplung auf 4200 € aus. Was passiert denn in diesem Häuschen am Weihergrund, das sooo viel Strom verbraucht? Ist das einen geheime Ladestation für E-Autos?
Mein Vorschlag: Ich durchforste mal den Stromverbrauch der gemeindeeigenen Anlagen und schlage konkrete Einsparmöglichkeiten vor. Wenn ich 15% der eingesparten Stromkosten als Honorar bekomme, kann ich mir einen tollen Urlaub auf den Malediven leisten. Außerdem wäre mir Greta sehr dankbar für die Verbesserung der Klimabilanz.
Eher zum Lachen: Glattbach betreibt am Johann-Desch-Platz einen Springbrunnen. Na ja, "springen" ist vielleicht übertrieben, das Wasser plätschert nur. Die Pumpe verursacht jährliche Stromkosten von mindestens 500 €, Tendenz steigend (Seite 116). Wenn der Springbrunnen nur tagsüber läuft, passt der Stromverbrauch zu einer 400 Watt starken Pumpe. Mit dieser Leistung könnte man eine 20 m hohe Fontäne erzeugen. Wieso ist davon nichts zu sehen? Das ist eines der vielen Glattbacher Rätsel.
Seite 123: Glattbacher Straßen wollen gepflegt und im Winter gesalzen werden; das kostet etwa 166.000 € pro Jahr. Weil der kommunale Anteil an der Kfz-Steuer nur 26.500 € beträgt, muss die Gemeinde den Rest bezahlen. Dazu kommen 40.000 € für die Straßenbeleuchtung.
Seite 132: Mit nur 9000 € pro Jahr ist der viel genutzte Recyclinghof im Bauhof vergleichsweise preiswert. So etwas hat nicht jede Gemeinde.
Seite 134: Sterben ist teuer - die Pflege des Friedhofs ist noch teurer. Die Gemeinde muss jedes Jahr 92.000 € dazu zahlen.
Seite 139: Gemeindearbeiter sind überall aktiv und brauchen auch Gerät für ihre Arbeit. Dadurch entstehen Gesamtkosten von etwa 450.000 €.
Ab Seite 146: Die gemeindeeigene Elektrizitätsversorgung ist ein besonderes Kapitel und gilt als eigenständiges Unternehmen. Als solches muss es eine kaufmännische Bilanz vorlegen, die ein Steuerfachmann erledigen muss. Das Verfahren "Kameralistik", mit dem die Gemeindeverwaltung arbeitet, wird vom Finanzamt wegen seiner Undurchsichtigkeit nicht akzeptiert. Diese Bilanz darf aber kein Gemeinderat sehen. Wieso? Das will Baier nicht verraten - Steuergeheimnis. Ist schon eigenartig: Die Gemeinde betreibt eine Firma, von der die GR nur ahnen, was die so treibt. Welchen Grund hat Bürgermeister Kurt Baier (CSU), den GR jede geforderte Information zum E-Werk zu verweigern? Gibt es Gründe, etwas zu verbergen? Angeblich erwirtschaftet das E-Werk Gewinn. Ja/nein/wieviel? Nix Genaues weiß man nicht.
Seite 151: Das E-Werk gliedert sich in zwei Teile: a) Strom-Ein- und Verkauf und b) Pflege des Netzes, das aus Kabeln und Trafos besteht. Da überrascht, was man - nach Meinung der Verwaltung - alles zum Netzbetrieb benötigt: Einen Radlader, einen Opel Combo und ein Tanklager für Diesel (zusammen 22.000 €). Selbstverständlich wird auch das Betriebsgebäude im Wiesengrund für 6500 € elektrisch beheizt. Kann es sein, dass diese Zuordnung fehlerhaft ist? Macht nix, wird alles aus einer Gemeindekasse bezahlt. Wir haben genug Geld...
Seite 168: Die Stromtankstelle im Rathaushof verschenkt Strom an Besitzer von Elektroautos. Besitzer von Benzinautos müssen woanders tanken und auch selbst bezahlen. Ich stehe ziemlich alleine da mit meiner Ansicht, dass der Betrieb einer Stomtankstelle nicht zu den Kernaufgaben der Gemeindeverwaltung gehört.
Seite 195: Die Feuerwehr hat für 495.000 € ein neues Löschfahrzeug bekommen. Im Jahr 2023 ist die zweite Rate fällig, macht 200.000 €.
Seite 201: Die Schule wird in den nächsten Jahren weder renoviert noch neu gebaut, weil kein Geld da ist. Kurz vor der nächsten Wahl, ab 2026, werden manche dieses Thema wieder hochkochen und viel versprechen. Gleiches Spielchen wie mit der Dreifachturnhalle?
Seite 214: Glattbach wird für 70.000 € einen Wasserspielplatz bauen. Nein, nicht unten im Tal neben dem Bach (weil der zu dreckig ist?), sondern halb oben auf dem Berg am Weihersgrund.
Seite 215: Der Kindergarten am Weihersgrund wird gerade erweitert. Wenn der fertig ist, wird der andere KG neben der Kirche umgebaut, gleichzeitig wird wohl ein Waldkindergarten eröffnet. Alles zusammen kostet etwa 4.000.000 €.
Seite 227: Vor wenigen Monaten wurde der Abschnitt BA1 des Kanalneubaus beendet und kostete etwa 1,5 Mio Euro. Im Sommer beginnt BA2 bis zum Johann-Desch-Platz, der etwa doppelt so teuer sein wird. Dieser Platz wird anschließend und als Krönung aufgehübscht. Fraglich, ob die eingeplanten 5.600.000 € ausreichen werden, weil die Inflation bis dahin voll durchschlägt. Wann es weiter geht mit dem Kanalbau, steht in den Sternen, weil dieser ab dem Johann-Desch-Platz fast nur durch Privatgrundstücke läuft. Wenn es irgendwann so weit ist: Muss eigentlich die Gemeinde die Grundstücksbesitzer dafür bezahlen, damit die Gemeinde den Kanal auf deren Gebiet reparieren darf?
Seite 247: Die beiden Haltestellen für den Stadtbus bei der Kapelle werden umgebaut, das kostet 150.000 €.
Seite 256: Die Wasserleitung von Oberafferbach zum Himbeergrund ist marode und muss ausgetauscht werden. Das kostet 280.000 €.
Seite 262: Glattbach verschenkt Geld an bedürftige Autofahrer: Die Ladestation für Elektroautos neben dem Rathaus wird für 15.000 € erneuert, anschließend darf dort jedermann gratis tanken. Siehe auch Seite 168.
Seite 266: Ist noch nicht beschlossen, wird aber so kommen: Die Gemeinde verkauft das Grundstück, auf dem der REWE-Markt steht, für 960.000 € an einen Investor. Die Gemeinde benötigt diesen Betrag dringend, um die laufenden Bauvorhaben wie Kanal und Kindergarten zu finanzieren. Wenn alles klappt, wird dort ein neuer REWE-Markt gebaut - größer und schöner.
Seite 275: Ohne Kredite in Millionenhöhe konnte und kann Glattbach nicht existieren. Im Jahr 2023 werden 233.135 € getilgt. Von den Zinsen reden wir gar nicht.
So, das war's. Spass gehabt mit den vielen Zahlen?
Jede Gemeinde ist eine wirtschaftlich selbständige Einheit und benötigt deshalb einen Überblick über ihren finanziellen Zustand, um die Verwaltung zu steuern. Der Haushaltplan ist die verbindliche Grundlage für die Haushaltswirtschaft der jeweiligen Kommune; er muss ausgeglichen sein, das heißt: Die Summe aller Einnahmen muss so groß sein wie die Summe aller Ausgaben. Im Glattbacher Haushalt überwiegen seit Jahrzehnten die Ausgaben, obwohl nur das Notwendigste erledigt wurde. Das Loch auf der Einnahmenseite wurde immer wieder durch Kredite gestopft, so auch jetzt: Bürgermeister Baier schlägt vor, dass wir uns von Banken 1.000.000 € leihen, um zu überleben.
Neulich, in der Bürgerversammlung hat er noch behauptet, dass Glattbach finanziell gut dasteht. So schnell kann man den Überblick verlieren...
Bisher verschoben die GR die Erledigung der Pflichtaufgaben immer weiter in die Zukunft. Manche neu gewählten GR (nicht alle!) wollen endlich mal die längst überfälligen Investitionen anpacken: Kanal, Kindergarten, Feuerwehr, Schule. Deshalb beschäftigen sich einige GR seit Wochen mit der Erstellung des Haushaltes 2021. Ein Problem dabei ist das bisher in Glattbach übliche Verfahren, die Kameralistik.
Nein, das ist keine Spielart des Faschings, das ist eine Liquiditätsbetrachtung, welche die Einnahmen und Ausgaben im Haushaltsjahr beschreibt. Historisch gewachsen und aus kaufmännischer Sicht zu primitiv, um einfachste Fragen der Planung zu beantworten: Fragt man nach der Höhe der Personalausgaben der Gemeinde Glattbach, muss man fachkundig im 264 Seiten langen Zahlenberg blättern, Einzelbeträge addieren und berechnet nach 20 Minuten das Ergebnis 1,9 Millionen Euro. Wenn man nichts übersehen hat. Ein irres Verfahren, das nur in manchen Kommunen verwendet wird. Kein Kaufmann darf dieses System anwenden, weil das Finanzamt eine verstehbare Bilanz verlangt und er selbst niemals überblicken kann, wie teuer welches Projekt letztlich ist. Das wäre der Weg in den Ruin.
Diese Art der Buchführung, die Kameralistik, ist blind. Das ist günstig, wenn man - wie in Glattbach - die Realität nicht sehen will. Die Kameralistik zeigt weder, was wir an Anlagen haben noch deren Lebensdauer und was wir jährlich für den Erhalt ausgeben müssten. Die Kameralistik kennt keine Bestände – auch keine Schulden oder Rücklagen. Sie kennt nur Einnahmen und Ausgaben und zeigt nicht das ganze Bild.
Der von der Verwaltung vorgelegte Haushaltsentwurf ist eine Zumutung für jeden, der etwas von Finanzen versteht: Obwohl Carsten Schumacher über eine langjährige Berufserfahrung im Umgang mit langen Zahlenwerken verfügt, ist dieser Kameralistik-Entwurf für ihn ein Suchspiel auf 264 Seiten. Kaum durchschaubar und unbrauchbar für Planungsaufgaben. Ein besonders schlauer GR meinte, Kameralistik sei Vorschrift. Auch da irrt er:
Deutschlandweit ist längst die doppelte Buchführung Pflicht, nur in Bayern kann man noch wählen. Doppik ermöglicht, den Ressourcenverbrauch (Aufwendungen, Erträge, Abschreibungen) darzustellen, Verpflichtungen periodengerecht zuzuordnen (z. B. Bildung von Rückstellungen) und die Vermögenssituation der Kommune abzubilden. Damit behält man den mittelfristigen Finanzplan und alle zugrunde liegenden Investitionen im Auge. Das werden wir in Glattbach wohl nie erleben - die Umstellung wäre zu teuer. Außerdem: Wer will schon soooo genau wissen, wie es um unsere Finanzen steht?
Manche GR sind damit zufrieden, ist ja nicht ihr Geld. Die heben bei der Abstimmung ihre Hand, auch wenn sie nichts verstanden haben im Zahlendschungel der Kameralistik. Andere GR, die ihr Ehrenamt ernster nehmen, erwarten einen verstehbaren Überblick auf ein oder zwei DIN-A4-Seiten, der nicht mit zehntausend Details auf 264 Seiten verwirrt, sondern die wesentlichen und aussagekräftigen Eckpunkte beschreibt:
So einen Haushaltsentwurf verstehe ich, den kann ich nach Prüfung mit gutem Gewissen unterschreiben. Ich will und kann aber kein unübersichtliches und verwirrendes Zahlenmonster auf 264 Seiten absegnen. Das wäre verantwortungslos.
Die bay. Staatsregierung erlässt und veröffentlicht verbindliche Gesetze, die in jeder Kommune einzuhalten sind. Die Kommunalaufsicht hat zu überwachen, ob diese Vorschriften im gesamten Geltungsbereich eingehalten werden, auch in Glattbach.
Der nebenstehende Ausschnitt zeigt, wann der Haushaltsplan vorzulegen ist (hier kann man nachlesen). Wir von Glattbach! haben bereits im Sommer gefordert, dass uns Bürgermeister Baier spätestens im Oktober 2020 alle notwendigen Unterlagen zur Verfügung stellt, damit wir im November mit den Beratungen des neuen Haushaltes 2021 beginnen können.
Nichts ist passiert, wir haben nachgefragt, Kurt Baier hat sich davon nicht beeindrucken lassen. Ende Januar hatten wir die geforderten Unterlagen in Händen, ohne Kommentar, ohne jede Erklärung. Stattdessen verkündete Baier, dass der Gemeinderat nach zwei Sitzungen des Ausschusses den Haushalt im März genehmigen wird.
Es kam anders: Unser Finanzexperte Carsten Schumacher fand viele Ungereimtheiten im vorgeschlagenen Haushalt der Verwaltung, die falsch oder zumindest korrekturbedürftig waren. Jetzt, nach drei Sitzungen des Ausschusses, ist das Gröbste geschafft und im April muss der Gemeinderat über letzte Änderungen beraten. In einer vierten Sitzung wird der Finanzausschuss kontrollieren, ob die Beschlüsse des GR korrekt eingearbeitet sind und frühestens im Mai - nach fünf Monaten Verspätung - könnte der GR die Haushaltssatzung 2021 beschließen.
Es bleibt zu hoffen, dass Bürgermeister Kurt Baier daraus lernt und alle notwendigen Grundlagen für den Haushalt 2022 etwas früher zur Verfügung stellt. Oktober 2021 wäre ein guter Termin.